Morz in Ireland

Aufgrund des vielfachen Interesses an meinen Reiseberichten (da freut er sich) hier ein nachträglich gebasteltes Weblog zum nochmal genau nachlesen. Viel Spaß dabei und hoffentlich sieht man sich bald mal wieder....

01 Juni 2006

Die ersten Tage

Hallo Freunde,

wie es aussieht, bin ich gut in Dublin abgekommen. Ich war zwar in Schoenefeld ziemlich fertig und muede (3 1/2h Schlaf sind so doch nicht der Wahnsinn), aber inzwischen hab ich mein Schlafdefizit ausbessern koennen. Zuerst hab ich's auf Flughafen versucht; ein 2 Stunden verspaeteter Flug gab mir Gelegenheit dazu, allerdings waren andere mies gelaunte Passagiere dagegen. Im Flugzeug dann hatte sich der Tee- und Kaffeewagen in mein Knie verliebt, so dass ich nach zweimaliger inniger Beruehrung beider das Schlafen endgueltig aufgab. Am Flughafen dann wurde ich von einem sehr netten ruhigen Herrn Ende 60 abgeholt. Wir warteten noch zusammen auf die zweite Praktikantin Tanya aus Canada. Er fuhr ins in die Unterkuenfte: Ein im englischen Industriestil gebautes Reihenhaus (wie bei James in Belfast), denn Studentenwohnheime gibt es eigentlich nicht in Irland. Ich wohne jetzt in einem knapp 6 m^2 grossen Zimmer in einer Maedels-WG. Somit kam ich am Abend zu meiner ersten Folge "Desperate Housewives". Leider hab ich von der Geschichte nicht viel mitbekommen, da fuer eine grad aus dem Urlaub gekommene Mitbewohnerin alles nacherzaehlt und kommentiert wurde. Ausserdem hab ich im Supermarkt am gleichen Abend auch verstanden, warum mir hier soviel gezahlt wird. Bei Preisen wie 1€/Liter Milch, 3€ fuer 1kg Brot (was die hier Brot nennen) oder ner Flasche Bier bei 2€ werd ich hier wohl nicht reich werden.
Am Mittwoch dann bin ich zuerst zum Sozialamt, wo ich meine Steuernummer beantragen musste. Ausser der Frau hinterm Empfangstresen war niemand wirklich der englischen Sprache maechtig, aber ihre inzwischen erlernten Gebaerdensprachkenntnisse waren auch nicht zu verachten; halt wie ein typisches Neukoellner Einwohnermeldeamt. Nachdem ich meine Antraege bekommen habe und die noch 30 vor mir wartenden Menschen erfahrungsgemaess noch einige Stunden verweilen wuerden, begab ich mich zur National Irish Bank zur Kontoeroeffnung. Dass das die NIB sein musste, liegt daran, dass jeder Arbeitgeber dich nur bei seiner Hausbank, fuer Behoerden natuerlich die NIB, empfehlen darf. Dort angekommen, sagte mir die zustaendige Angestellte, dass ich schon einen Termin brauchte, die aber im Juni praktisch nicht mehr verfuegbar sind, und ich darueberhinaus noch dies und jenes, eine Bescheinigung meiner Bank in Deutschland, mindestens 2 Identitaetsnachweise, bla bla bla mit bringen muesse. Ich gefrustet wieder zurueck zum Amt und kam schon 2 Stunden spaeter an einem der 3 besetzten (von 15) Schalter dran. Da nahm mir eine Frau meine Antraege ab, machte ne Kopie, gab sie mir 10 Sekunden spaeter zurueck, wuenschte mir einen guten Tag und unterhielt sich wieder mit ihrer Nachbarin. Die Geschichte mit der Bank wurmte mich immernoch, so dass ich noch einmal zur NIB zurueckging. Diesmal zeigte ich der erstbesten Frau mein Empfehlungsschreiben, und zwar so, dass sie nicht mich, sondern zuerst den Brief sah, und fortan waren 5 der 7 Mitarbeiter mit diesem beschaeftigt. "Passt ihnen morgen 14Uhr?" war die Frage. Ich war beeindruckt!
Am Abend hatte ich eine Einladung zur Verabschiedung einer Mitarbeiterin von Leargas (etwa DAAD, meine Arbeitsstelle). Jemand hatte die grossartige Idee, mich auch einzuladen, um 1 Tag vor Arbeitsbeginn saemtliche Leute mal kennenzulernen. Nach ueppigem Buffet gings dann auf eine Pferderennbahn. Was fuer ein Spektakel.... Die Iren sind ja so wettverrueckt. Da verzockt echt jeder sein Erspartes oder die Sozialhilfe. Da lass ich mich doch nicht Lumpen: Nen Fuenfer auf "Zacharova" auf Sieg im ersten Rennen und schwupps, konnte ich mir mein Abendbrot (Steak im Brot fuer 9€ und ein Pint Millers fuer 5€) leisten. Vom Restgeld gleich noch 2 Mal gewettet und verloren. Das war ein Spass. Vor allem den Ernst in den Gesichtern der Wetter zu sehen, wenn die Pferde dem Ziel entgegen flogen. Bloss das Quer-durch-die-Stadt-nach-Hause-laufen war nicht mehr so witzig.
Heute war nun mein erster Arbeitstag. Neil (= IAESTE Irland) ist immer noch nicht da, so dass ich einen Brief von ihm fand, was ich schon alles tun solle. Gut, Tweedjacke und Lupe raus und gruendlich das Buero inspiziert. Sehr erleichtert war ich dann, als ich die Praktikantenliste fand und herausbekam, dass in ganz Irland dieses Jahr nur 25 Trainees, in Dublin nur 6 sein werden. Also nuescht mit Reiseleiter und Maedchen fuer alles fuer Hunderte von Studenten. Puh! Als erste Amtshandlung werd ich vielleicht uebers Wochenende gleich nach Galway fahren, da dort schon 3 Trainees sind und ausserdem Montag Feiertag ist. Mal sehen.

Ansonsten gehts mir gut. Ich mach in jeder freien Minute Extrem-Tourismus (jede Strasse angucken und Reisefuehrer waelzen), um so schnell wie moeglich Irland und Dublin kennenzulernen. Ausserdem versuche ich, irisches Englisch zu verstehen, was mir ungefaehr das Gefuehl gibt, als Auslaender im Fraenkischen oder Schwaebischen zu stranden. Dazu werde ich heute Abend wahrscheinlich eine Exkursion in die Habitate des gemeinen Iren unternehmen, die Pubs.....

Ich wuensch euch allen ne schoene Zeit und ich schreib bald mal wieder.

Carpe diem


Stefan