Morz in Ireland

Aufgrund des vielfachen Interesses an meinen Reiseberichten (da freut er sich) hier ein nachträglich gebasteltes Weblog zum nochmal genau nachlesen. Viel Spaß dabei und hoffentlich sieht man sich bald mal wieder....

18 Juli 2006

Reisebericht aus Irland, die Westkueste

Hallo Freunde,

ich hoffe, es geht euch gut. Und ihr sitzt bequem vorm Rechner oder sonstwo, denn ich erzaehl euch hiermit mal wieder eine laengere Gute-Nacht-Geschichte. Es war einmal ein smarter gutaussehender junger Mann namens Stefan, der machte ich lange Reise auf die Insel des schwarzen Biers, des grauen Himmels, der gruenen Wiesen und der weissen (bisweilen mit pinken oder blauen Tupfern und Streifen versehenen) Schafe. Nein, nicht nach Ruegen. Hibernia hiess dieses Land in den Annalen der Roemer und Eire bei den gaelischen Voelkern..........und da hatte er keinen Bock mehr so geschwollenen Kram zu schreiben und begab sich nach Heuston, um den Zug nach Galway zu nehmen. Heuston ist nicht der Ansprechpartner fuer in Not geratene Astronauten, sondern der Dubliner Bahnhof fuer Zuege nach Westen und Sueden. Frisch vergnuegt ob des schoenen Wetters begab ich mich zum Infoschalter, da kein Fahkartenschalter in Sicht war. Man verwies mich zum Automaten, wo ich auch brav eine Fahrkarte erstand. Hier verstand ich auch die gewiefte Geschaeftstaktik der irischen Eisenbahn: einfaches Ticket 40,50€; Hin-und-Rueck 43€. Und dann erblickte ich sie! Gemuetlich raekelte sie sich auf dem gekachelten Fussboden und fuellte meine ganzen Sinne! Die Schlange zum 16.50 Zug nach Galway! Sie war ca. 200 Meter lang und bestand aus unendlich gelangweilten Gesichtern. Aus diesem Moment des Schocks holte mich mein Handy wieder in die Realitaet, mit den Worten "Sorry. Ich glaube, wir schaffen es nicht, zusammen zu sitzen. Ich steh irgendwo in der Schlange nach Galway in der Naehe vom Bahnsteig." Die SMS war von Eleanor und ich bewegte mich haemisch grinsend an der Menschenmenge vorbei auf sieh zu, hakelte m Astrophysik um genau zu sein. Aber eigentlich mag sie die Arbeit des Physikers nicht besonders, insbesondere das viel zu haeufige Programmieren, und wird daher nach ihrem Studium was ganz anderes machen. Kommt das irgendwem bekannt vor? Hand hoch! In Galway angekommen, begruessten wir die sich durch ihre "El Corte Ingles"-Tuete verratene neue spanische Praktikantin, zerrten den Amerikaner (Brian) aus'm Pub (war ja erst 7Uhr) und setzten uns auf den Rasen des Eyre Square, wo grad Filme des oertlicich ein und sagt "Doch!". Zuege sind soviel bequemer als Busse. Insbesondere wenn man an einem Tisch sitzt. Wir konnten beide erstmal keine Menschen sehen und ich doeste fuer die Haelfte der Fahrt weg. Die zweite Haelfte planten wir grob das Dublin-Wochenende. Eleanor ist uebrigens die eine Haelfte des Lokalkomittes Galways (welches nebenbei gesagt das einzige Irlands ist) und studiert, wie konnte es auch anders sein, Physik.hen Filmfestivals liefen. Soweit so perfekt. Ehrlich gesagt rannten uns die anderen Praktis regelrecht ueber den Weg oder Haufen, so dass wir uns bald in geselliger Runde auf ebendiesem Platz wiederfanden. Leider ist Alkohol trinken in der Oeffentlichkeit verboten, so dass wir lustige unauffaellige Papiertueten ueber unser Bier stuelpten. Brian probierte sein erstes echtes Budweiser (Rebecca, die andere Amerikanerin erzaehlte im die wahre Geschichte des tschechischen Bieres und ich war beeindruckt ob der fehlenden Ignoranz), ich erschreckte mich beim Anblick einer Flensburger Weissbiers in der Hand einer nichtsahnenden Malteserin und alle hatten inzwischen gelernt, dass Guinness aus der Dose einfach mehr als "Baeh!" ist. Laverne, die andere Haelfte des LC Galway, hatte uns extra billigen Eintritt fuer einen Klub namens "Cuba" besorgt (die Amis freuten sich, jetzt behaupten zu koennen, schonmal in Kuba gewesen zu sein). Auf der Hauptstrasse trafen wir allerdings Leute, die den Eintrittstempel fuers "Cuba" besassen und ihn uns freiwillig aufdrueckten. Dort gabs dann geselliges Linkes-Bein-rechtes-Bein-Arme-laessig-mitschwingen-lassen, bis ich dann beschloss, das Weite zu suchen, oder praeziser: Mein Doppelstockbett. Brian trabte hinterdrein und murmelte etwas wie "Erzaehl meinen Freunden bloss nich, dass wir gerade als einzige Kerle elf Maedels in der Disko haben stehen lassen!" Ich nickte muede und schlurfte weiter in Richtung Hostel. Enrweder kannten die Maedels ne Abkuerzung oder wir liefen soviel Umwege, jedenfalls kamen wir gleichzeitig im Hostel an. Ich nahm das Bett am Fenster, Licht aus und Matrazenhorchdienst. Irgendwann nachts fingen die Bauarbeiter im Hof an, ein kakophonisches Pandemonium auf ihren Maschinen zu veranstalten. Total geraedert pellte ich mich aus meinen Federn und wunderte mich, dass viele schon wach waren. Den fehlenden Nachtschlaf holten viele von uns auf dem ersten Teil der heutigen Bustour nach. Es war strahlend schoenes Wetter. Niemand war darauf vorbereitet oder hatte etwa Sonnencreme dabei. Die Tour ging einmal im Kreis (wodurch ich die Sonne im Laufe des Tages immer von der gleichen Seite abbekam und abends einen herrlichen linksseitigen Sonnenbrand im Gesicht vorweisen konnte. Als inzwischen erprobter Irlandbewohner trug ich ihm mit Stolz.) durch ein Gebiet das "Burren" heisst. Cromwell sagte einmal treffend ueber diese Region (er war im Krieg mit den Iren): "No tree to hang a man, nor enough water to drown him, nor enough soil to burry him!" Mit anderen Worten, Steinwueste mit etwas gruen dazwischen. Die Definition von 'karg', aber schoen. Die Region war mal der Boden eines Meeres und besteht deshalb aus abgerundeten Steinen mit massig Fossilien. Unser erster Stopp war die Aillwee Cave. Ein lokaler Bauer fiel beim Zusammentreiben seiner Schafe mal da rein, hielt sie fuer etwa 40 Jahre geheim und als er ca. 1980 mit der Sprache rausrueckte, baute man schnell einen Eisstand, einen Souvenirladen und ein Tourist Information Centre davor und verlangt 7€ Eintritt, denn Hoehlen gibt es sonst nicht in Irland. Die Hoehle selbst ist durchweg unspektakulaer. Die Knochenreste ehemals ueberwinternder Hoehlenbaeren haetten auch die Broilerreste der Postkartenverkaeuferin gewesen sein koennen und mit 15cm langen Stalaktiten holt man niemanden hinterm Ofen vor. Schoen waren auch die Worte: "Bei schlechtem Wetter sehen sie hier einen spektakulaeren Wasserfall!" Da wir gutes Wetter hatten, war der Wasserfall nich von einem aufgelassenen Wasserhahn zu unterscheiden. Der Hoehepunkt war da obligatorische Lichtausschalten in der Mitte der Hoehle. Die Idee allerdings, den Guide im Dunkel mit den Worten: "Nach einer Viertelstunde erstirbt normalerweise das Lachen." weggehen zu hoeren, war schon cool. Unsere kanadischen Maedels sahen das anders. Den Stopp beim Poulnabrone Dolmen lass ich mal aufgrund weiterer Nichtigkeit aus und komme direkt zu den ach so beruehmten Klippen von Moher. Dort baut man gerade ein Besucherzentrum, um in Zukunft 5 Euro verlangen zu koennen. Noch ist der Blick aber kostenlos und unzweifelhaft atemberaubend. Insbesondere wenn man den "Klettern Sie gefaelligst zurueck ueber die Bruestung!"-Mann ignoriert und ueber die Kannte schaut. Wer mich kennt, weiss, dass ich das nicht war, sondern der bibbernde Typ 5m weg von der Kante, der den Praktis nicht beim Gucken-wir-mal-wie-lange-der-Stein-bis-unten-braucht zuschauen konnte. Ich muemmelte gemuetlich mein Mittagbrot, intensivierte meinen Sonnenbrand und spaehte nach Papageientauchern. Fand aber nur Sturmmoeven und Kraehenscharben. Wider Erwarten testete keiner der Praktis die Fallgesetze am eigenen Leib (der Busfahrer hatte uns mit auf den Weg gegeben: "Passen sie auf, wer sie festhaelt. Die Klippen sind auch bekannt als schnellste Scheidung Irlands!") und wir trafen uns alle im Bus wieder. Die Ruecktour ging an der herrlichen Kueste (Mama, kannst du dich noch an Gozos Kueste mit dem Azur Windows erinnern?) und in wunderbaren Abendlicht getauchten Burgen (Die Entwicklerkniffos haben meinen Film beim Entwickeln versaut. Grrr!) vorbei zurueck nach Galway. Abendbrot gabs im beruehmten Fish'n'Chips Restaurant McDonagh's (es bedurfte einiger Ueberzeugungsarbeit bei den Amis und Kanadiern, dass wir nicht zum aehnlich benamsten Fast-Food-Schuppen wollten) und ich stellte mein zweites Mal in Irland fest, dass ich die Faszination von paniert fritiertem Kabeljau mit ungewuerzten Schlabberpommes einfach nicht verstehen kann. Den Abend beendeten wir im gegenueber des Hostel gelegenen Quay Pub (das gesamte Interior stammt aus einer Kirche aus Schottland). Diesmal war ich nicht vor den Maedels zu Hause und auch die Bauarbeiter ehrten den Sonntag. Dafuer kuesste die Sonne meinen wohlverdienten Sonnenbrand am fruehen Morgen, was mich wieder einmal zum verfruehten Aufstehen bewegte. (Ich muss jetzt ein bisschen schneller schreiben. Das Internetcafe macht gleich zu!) Um 11Uhr trafen wir Conor, der uns durch das mittelalterliche Galway fuehrte. Seine Vorliebe waren eher die spektakulaer brutalen Geschichten, so dass wir die meiste Zeit auf Friedhoefen Galways und dem ortlichen Knast verbrachten (der uebrigens nach zu vielen Ausbruechen in eine Whiskeydestillerie umfunktioniert wurde. Ab dann gabs nur noch Einbrueche!). Alles in allem war die Tour fuer die Praktis (und mich) viel interessanter, als es ein herrkoemmlicher Stadtrundgang gewesen waere. Ich weiss nun, dass die Iren ihre Kartoffeln aus den Wracks der spanischen Armada erhielten und dass das Wort lynchen vom oertlichen Buegermeister Lynch kommt, der seinen Sohn eigenhaendig haengen musste, da sich das keiner traute. Nach der Tour gabs noch Mittag im wohl beruehmtesten Pub Galways, im Kings Head. Die Maedels gingen noch an den Strand. Mir war dann aber die Ruhe und der Sitzplatz im Zug wichtiger, so dass ich dann schon am spaeten Nachmittag nach Dublin zurueck fuhr. Alles in allem war es ein tolles Wochenende und die Praktis und ich freuen uns schon auf das naechste. Hoffentlich scheint da die Sonne, sonst sieht's schlecht aus mit dem Kayak.
Allen, die waerend des Lesens nich eingeschlafen sind, wuensch ich noch eine gute Nacht und macht's gut.

Bis bald in diesem Theater.


Euer Stefan.

(Puh, noch 2 Minuten bis Ladenschluss!)