Morz in Ireland

Aufgrund des vielfachen Interesses an meinen Reiseberichten (da freut er sich) hier ein nachträglich gebasteltes Weblog zum nochmal genau nachlesen. Viel Spaß dabei und hoffentlich sieht man sich bald mal wieder....

27 Juli 2006

Reisebericht aus Irland, die Suedkueste

Hallo Freunde,

Wie geht es euch? Ich hoffe doch gut. Von einigen hoere ich, dass sie in der Sonne schwitzen, andere ueber Buechern und wieder andere bei Demo-Konzerten. Dann gibt's hier und jetzt ein gemuetliche Geschichte zum Abkuehlen. Und die beginnt letzte Woche Freitag: Eigentlich nicht. Es war auch schon in der Woche was los in Dublin. Zum Beispiel war Zirkuswoche. Und da der Stefan schon lange keinen Zirkus von innen gesehen hatte, war er ganz Feuer und Flamme. Ich machte mich auch gleich am Montag Abend zum Meeting House Square auf, um die dortigen Kuenstler zu betrachten. Jongleure! 4 Stueck an der Zahl. Mit beeindruckender Choreographie. Habt ihr schon mal durcheinander laufende Menschen gesehen, die sich gegenseitig Keulen zuwerfen. Ich halt noch nicht. Und Mittwoch war auch ne Klasse Truppe dran: Rueckwaertssalti ueber Messer, ueber stehende Menschen und ueber stehende Menschen mit Messern. Donnerstag wollte ich wieder direkt nach der Arbeit zum Meeting House Square, radele also fix die Capel Street runter und hoere ein erschreckendes "Pluck!", gefolgt von einem leicht beunruhigenden "Pffft!". Als dann meine Hinterradfelge mit einem ungesunden "Krack!" einen Stein mitnahm, kapierte ich, dass ich mir was eingefahren hatte. Und was find ich da? Kommt ihr nie drauf! Einen 6er Holzbohrer. Haette ich ne Bohrmaschine, haette ich ihn mitgenommen. So versuchte ich ihn nur wuetend aus meinem Reifen zu popeln und schnitt mir noch wuetender werdend in den Finger. Super! Na gut, so gings "schluuuurp! Pling! Schluuuurp! Pling!" in den naechsten Fahrradladen. "Macht ne Viertelstunde und 12 Euro." Gut. "Ich hab ihnen auch noch Kette etwas gelockert. Die war viel zu straff!" Zurueck auf die Strasse und in Richtung Akrobaten abgeduest. Wie ein geoelter Blitz! Ich war auf halbem Weg in voller Fahrt, als meine Kette lustig die hinteren Zahnkraenze runterpurzelte, bis ich sie verlor. Ich wusste irgendwie, dass der letzte Satz des Mechanikers nichts Gutes heissen konnte. Ich das zweite Mal zurueck gelaufen, mit knirschenden Zaehnen "Mach die Kette wieder straff!" gesagt und wieder gewartet. Ich nutze die Zeit des Wartens mal kurz, um den Zustand meines Fahrrads kurz zu erklaeren: Es ist ein Mountainbike. Nein. Es war ein Mountainbike, das ich gebraucht gekauft habe. Gebraucht heisst in dem Fall, dass zwar noch alle Zahnkraenze da waren, aber keine Gangschaltung oder irgendetwas Dazugehoeriges. Es stoerte mich nie, nur einen Gang zu haben. Bis zum heutigen Tage mit der zu laschen Kette. Aber ich schwafel schon wieder zu viel ueber Kleinigkeiten. Ich bekam also meinen Drahtesel zum 2. Mal wieder und natuerlich war es inzwischen zu spaet. Zu meinem Glueck waren die Akrobaten auch spaet und so konnte ich mir doch noch die komplette Show an Seilen, Baendern, Trapezen u.ae. anschauen.
Donnerstag war auch der Tag von Siobhans (Kollegin von mir) ich-werde-bald-heiraten-Essen. Und wie die Damen sich das ausgedacht hatten, gings ins D7, einem vor einer Woche von einem beruehmten Starkoch eroeffneten Restaurant im besten Teil Dublins. Natuerlich auf Firmenkosten. Wer mich kennt, weiss, dass ich mir meist das Fruehstueck schenke. Als wir dann endlich gegen 14 Uhr von der Arbeit aufbrachen, hoerte ich daher auch schon zwei Loewenbabies in meinem Magen Papis Bruellen ueben. Gegen 3 kam der Kellner (die Loewnbabies waren inzwischen im Teenageralter) und brachte die Vorspeisen gegen halb Vier. Da es sich um ein Haute Cuisine Restaurant handelte, verhielten sich die Mengen der Speisen umgekehrt proportional zum Preis. Da dieser hier astronomisch war (ich glaub meine Putenbrust mit Honig ohne(!) Beilage kam an die 30 Euro), kramte Neil auch seine Brille raus, als das Essen kam. Zwei Happen spaeter nickten wir uns beide wissend zu, dass es doch die richtige Entscheidung gewesen war, Vorspeise, Hauptgericht, Kaese und Dessert bestellt zu haben.
Halb 6 verabschiedete ich mich dann vorsichtig (war ja der erste der ging) und machte mich auf, um mein Fahrrad aus der Firma zu holen, um die Akrobaten zu sehen. Und den Rest der Geschichte kennt ihr ja.
Nachmittag in den Zug und besuchte die Suedkueste. Niemand (der Praktis) musstem Fahrer ein auf nur einem Stueck Papier ausgestellten Gruppenticket suspekt, aber er lief uns tro eingesammelt werden. Also konnte ich mich direkt in unser Hostel begeben, meine Sachen abschmeissen und die Stadt erkunden gehen. Weit kam ich nicht. Rebecca (Prakti in Cork) traf mich 2 Strassen weiter und ab dann klingelte das Telefon staendig. Wo treffen wir uns? Ist das weit von hier? (Von wo?) Okay. Man suche sich einen leicht zu identifizierenden Pub und mache es sich bei einem Pint bequem. Dann sende man eine SMS mit der Wegbeschreibung an alle und warte, dann noch eine mit der richtigen Wegbebeschreibung (inkl. Namen des Pubs) und warte etwas laenger. Die letzten kamen gegen Mitternacht. Ich hatte nichts von der Stadt gesehen (im Gegensatz zu manchen Praktis) und inzwischen schon 5 Bier intus. Gemuetlich machte ich mich dann mit einigen anderen Praktis, die wir-sind-doch-grad-erst-angekommen, warum-macht-der-Pub-schon-zu?-Ausrufe ignorierend, auf in Richtung Hostel. Mich freuend, das wir einen Schlafsaal mit Dusche hatten, kuschelte ich mich in mein Kissen und schlief die naechsten gefuehlten 3 Stunden bis zum ersten (nicht woertlich zunehmenden) Hahnenschrei. Nachdem sich alle unsere Zombies zum Fruehstueck zusammen gefunden und spaeter ausgecheckt hatten, gings zum Busbahnhof und zum Bus nach Skibbereen. Zwar war deWas ist sonst noch passiert? Mmmh? Mmmh! Cork! Das war Freitag. Ich setzte mich amtzdem mitfahren. Es fing an zu nieseln, dann staerker zu regnen und als wir in Skibbereen ankamen, zeigte uns das irische Wetter, was es konnte. Ich laechelte haemisch in Richtung Himmel als der Kleinbus, der schon auf uns gewartet hatte, seine Tuer fuer uns oeffnete. Es ging zum Rossagh Mill & Adventure Centre. Dort lungern ein paar gut gelaunte, langhaarige und Gitarre spielende Kletterer rum, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben und uns Grossstaedtern zeigen wollten, wie man seinen Koerper benutzt. Die Kletterwand aussen am Haus war durch den Regen leider (oder zum Glueck) unbenutzbar und so gings an die im Haus. Einige der Maedels stellten sich ausgesprochen gut an und entdeckten ungeahnte Faehigkeiten. Als ich oben ankam, (kein Witz. Ich bin wirklich ne Kletterwand hoch. Bis oben!) und wie gefordert in die Haende klatschte, kam die kalte Erkenntnis in das Gesicht des Guides, dass er vielleicht besser nur die Maedels gesichert haette. Zum Glueck war er selbst geuebt genug, die Kletterwand wieder runterzukommen.
Danach uebten wir noch das Abseilen an einem Abseilturm und anschliessend gabs Gegrilltes als Mittag. Am Nachmittag klarte es erstaunlich schnell auf (Three seasons in half a day, wie die Einheimischen sagen.) und nichts stand der geplanten Kanutour auf dem Lough Hyne mehr im Wege. Lough Hyne ist eine ganz seltene und interessante Spielerei der Natur. Es ist ein Salzsee, der einen kleinen Zufluss zum Meer hat, durch den, je nach Tide, entweder frisches Salzwasser rein oder Wasser raus fliessen. Da der See aber sonst vom Meer aus geschuetzt ist, ist er ein Paradies fuer Voegel, Muscheln, Seeanemonen und Co. Wir liessen also die Boote zu Wasser. Komischerweise uebte keiner die Eskimorolle, aber viele drehten sich froehlich im Kreis und versuchten doch dabei, geradeaus zu Paddeln. Aber alle hatten ziemlich viel Spass. Spaeter gabs noch heisse Schokolade aus der Thermoskanne auf der Insel in de Mitte und gegenseitiges In-Wasser-Schmeissen am Ende. Auf den Rueckweg liess man uns noch Abendbrot im oertlichen Lidl kaufen und wir liefen den Weg zurueck. Den Abend verbrachten wir mit grillen, mit Gitarre ums Lagerfeuer sitzen und singen, Volleyball spielen (zum Glueck konnten die Besitzer des Zeltes, das wir oefter trafen nur deutsch), einige der Jungs und Maedels entdeckten, dass sie doch nicht ganz uninteressant wirken und alle hatten Spass. Am naechsten Morgen gings dann verkatert und schweren Herzens wieder zurueck nach Cork. Dort trennten sich die Wege der meisten. Einige mussten ihre langen Heimwege antreten, manche erkundeten Cork, wieder andere fuhren nach Blarney Castle, um den ach so beruehmten Blarney Stone zu kuessen und ich fuhr mit Amy in den FOTA Wildlife Park. Und zum zweiten Mal in dieser Woche war Stefan wieder ganz Kind. Oh, schau mal dort! Und ach hinter dem Busch da! Und dahinten! Der Park ist naemlich wie ein Zoo ohne Gitter, d.h. ueber und unter dir und ringsherum huepfen Kangaruhs, Lemuren, Affen, Gaense, Pfauen und Seehunde durch die Gegend. Ausserdem gibt's noch so seltene Tiere wie Geparden, Oryxantilopen, Seeadler und Wisente. Alle vier letzten vermehren sich vor Ort praechtig und werden (!) wieder in die Laender exportiert, in denen sie natuerlich vorkommen und -kamen. Nur der Strauss, der sein Weibchen verteidigte, war mit etwas suspekt. Aber ueber dir Blaetter von den Baeumen rupfende Giraffen sind schon toll. Irgendwann konnte ich mich dann endlich losreissen und setzte mich wieder in den Zug nach Dublin. Trotzdem war ich vor meinen Mitbewohnern zu Hause, komisch. Sie erzaehlten mir spaeter, dass sie eine Bombendrohung fuer ihren Bus erhalten hatten und daher alles durchsucht werden musste. Das verlief ohne Erfolg und dauerte fast eine Stunde. Daher!
Na gut. Diese Woche war zwar auch wieder spannend, aber davon gibt's ein andermal mehr. Ich bin erstmal auf dieses Wochende gespannt. Da kommen zu meinen Studenten noch 60 zusaetzliche aus Nordirland dazu. Natuerlich ohne Betreuer oder Programm. Das wird ein Spass. Egal. Wird bestimmt gut.

Allen, die noch wach sind, wuensche ich an dieser Stelle noch eine schoene Zeit und ich meld mich bald wieder mit meinem naechten Reisebericht. Alles Liebe.

der Stefan