Morz in Ireland

Aufgrund des vielfachen Interesses an meinen Reiseberichten (da freut er sich) hier ein nachträglich gebasteltes Weblog zum nochmal genau nachlesen. Viel Spaß dabei und hoffentlich sieht man sich bald mal wieder....

17 August 2006

Reisebericht aus Irland, Aran Islands

Hallo Freunde,

wie geht's? Nachdem der Bjoern gestern meine Schreibkuenste gelobt hat, hab ich Hoehe bekommen und schreib euch heute gleich wieder. Ich hab grad Mikko aus Finland zum Bus gebracht und da zu Hause der Regen ebenso ans Fenster klopft, wie hier im Internetcafé, erzaehl ich euch eine Geschichte. Von letzter Woche....
Ich hatte ja grossmuetig meinen Praktis einen fuenften Wochenendausflug versprochen und den galt es zu organisieren. Gesagt, getan. Die Dingle Halbinsel soll schoen sein, nicht ueberlaufen und auch Aktivitaeten bieten. Am Donnerstag stellte ich ein schoenes Programm aus Fahrradtour, Klettertour und Kneipentour mit Uebernachtung in einem schoenen Hostel, das auch Surfkurse anbietet, zusammen. Einziges Problem, ich brauch immer ne leicht zu erreichende Einstiegsstadt fuer die erste Nacht. In diesem Fall Tralee. Leider laeuft in Tralee aber an besagtem Wochenende die "Rose of Tralee", so was wie die Miss Irland Wahl und deshalb ist in ganz Tralee keine Badewanne zu kriegen. Shite. Gut, naechste Idee. Mit nem Boot den Shannon runter. Super. Aber wenn man sich die Preise ansieht, glaubt man, die wollen einem das Boot verkaufen. Nicht aufgeben. Kilkenny. Einer der schoensten irischen Staedte, mit activity centre in der Naehe und nem Kulturfestival im Gange. Soviel zu den Unterkuenften. In Waterford waere noch ne Halbtagstour sea kayak moeglich gewesen. Und was mach ich die andere Haelfte des Tages? Kurzum, ich gab auf. Dieses Wochenende wuerde mein letzter offizieller Wochenendausflug sein. Und der ging erstmal wieder nach Galway. Dort angekommen, warteten schon zwei Trainees auf mich, die sich den Tag frei genommen hatten. Und mit mir im Zug war Kasper, ein IAESTE-Veteran aus Daenemark. Auf ins Hostel, eingecheckt und Sachen abgeladen. Dort trafen wir Mikko aus Finnland. Er war schon laengere Zeit (fast 4 Wochen) in Irland, kam aber nie zu den Wochenendtrips. Jetzt lernte ich, dass er gewoehlich als Bergbauingeneur samstags arbeiten musste. Daher! Auf den Weg zum Geldautomaten erzaehlte er mir noch den Rest seiner Leidensgeschichte. Die Airline hatte sein Gepaeck verloren und er sass ne Woche ohne da in ner irischen Kleinstadt (Betonung auf klein!). Waehrend des Eintippens der PIN-Nummer erzaehlte er dann von seiner Krankheit/Fieber die letzten 2 Wochen und dass er seine Zeit vorwiegend im Bett verbracht hatte. Nanu, was sagt der Automat da gerade? Temporarily out of order. Da hat die Maschine gerade aus Langeweile seine finnische Kreditkarte gefressen! Man, der war gut drauf. Na ein Glueck, dass er erst Montag wieder Nachtschicht hatte und deshalb von Sonntag auf Montag in Galway bleiben konnte, um seine Karte (hoffentlich) wiederzubekommen. Ich hatte noch genug Geld, also gabs was zum Abendbrot und spaeter gings in ne Jazzbar, um auf die anderen zu warten. Einige Pints spaeter waren alle da und noch einige Pints spaeter hatten wie die Freundin unseres Lokalkommittees Laverne (die an diesem Tag ihr Diplom bekommen hatte), fuer uns zu tanzen. Traditionell irisch. Nicht was ihr denkt. Immerhin hatte sie dafuer mal nen Preis gewonnen. Nuechtern. Sie war trotzdem noch ziemlich gut. Irgendwann wurden wir dann rausgeschmissen und trabten zurueck ins Hostel. Am naechsten Morgen wartete schon der Bus auf uns, der uns zur Faehre nach Inis Mór (15x4km), der groessten der drei Aran Islands bringen sollte und auch tat. Warum trotz spiegelglattem Ozean (besser als jede Strasse) einige mit ihrem Fruehstueck debattierten, ist mir ein Raetsel. Auf Inis Mór angekommen gings erstmal in unser niedliches Hostel zum Klamotten abladen. "Waelkamm on Inischhh Morrr" floetete uns ein Typ mit Piratenflagge in der Hand entgegen. Ich wusste zwar, dass die Arans gaelisches Muttersprachgebiet war, aber das hoerte sich nicht so weich an. Der Typ stellte sich als gebuertiger Toulouser raus, der hier gestrandet war. Und die Piratenflagge montierte gerade an der Vorderfront des wahrscheinlich einzigen Hostels der Insel. Dann drueckte er mir ein paar Schluessel in die Hand und verschwand er mit Sergej oder so an den Strand, um sein Hurlingspiel zu verbessern.....
Wir schmissen unsere Sachen aufs Bett und uns weg vor lachen. Als wir uns wieder eingekriegt hatten, gings zum Fahrradausleih. Manche hatten seit ihrer Kindheit nicht mehr auf nem Drahtesel gehockt, manche noch nie. Trotzdem gings gut voran. (Ausser einer Kanadierin, die unentwegt "I hate this d**m f***ing bike" murmelte). Am ersten Strand gabs Mittag und nen verrueckten Tschechen, der sich im Schluepper in die eiskalten See machte. Leider gehoerte der zu uns und der Golfstrom hatte sich bis hierher auf den unteren zweistelligen Bereich an Grad abgekuehlt. Die einzige, die fehlte, war unsere fluchende Kanadierin. Sie traf uns wieder, als wir vom Strand weiterfuhren. Sie hatte sich verfahren und ich lernte neue kanadische Schimpfwoerter. Naechster Stopp war Dun Aengus, ein 2000 Jahre altes Ringfort. Beeindruckender als das Fort (und die spanischen Reiter davor) war die Stelle, an der es gebaut wurde. Direkt an einem hundert Meter tiefen und exakt senkrecht runter gehendem Klippenrand. Maechtig gewaltig, Egon! Wir schossen ein paar Gruppenfotos, verloren ein paar Leute (nein, nicht von der Klippe. In einem Café) und machten uns auf, weiter die Insel zu erkunden. Nachdem wir die sieben Kirchen (alte Ruinen, koennten alles sein) gesehen hatten gings zurueck zum Hostel. Dachte ich jedenfalls. Die paar hundert Meter Asphalt den Berg runter als Test maximaler Geschwindigkeit nutzend, und ich war dicht an der Schallmauer, preschte ich froehlich dahin. Als ich mich aber kurz umdrehte, war keiner mehr da. Viel spaeter bekam ich heraus, sie hatten sich anders entschieden und waren sich einig, ich haette gerufen, dass ich meinen eigenen Weg fahre. Aha! Na gut. Nach 10min Muh-Kuh beobachten, entschloss ich mich, allein weiter zu fahren. Ich traf dann noch unsere Malteserin, die ueber die anstrengende Fahrerei klagte. Ich erklaerte ihr das Konzept einer Gangschaltung und wir machten uns auf der "scenic route" auf den gemuetlichen Heimweg. Die "scenic route" hiess so wegen der schoenen Ausblicke. Steile Kueste, ein paar schicke reetgedeckte Haeuser, ansonsten Steinwaelle, Steinstrassen, Steinfelder (d.h. praktisch keiner Erde auf den Felder), also kaum Gruenes. In irgendwo erinnerte mich das. Genau. Malta. Deswegen schaute unsere Malteserin so unbeeindruckt. Als wir unser Fahrrad bis zum hoechsten Punkt geschoben hatten (die Sache mit der Gangschaltung war ihr immer noch nicht ganz geheuer), wuerde die Strahhaaahhhaaahhhaaahhhaaasse ploetzlich steil und steinig. Wie ein Wunder, d.h. trotz der praktisch nicht vorhandenen Bremsen (genau wie in Malta) kamen wir unversehrt an unserem Hostel an. Die Amerikaner und Kanadier(sie waren frueher umgekehrt) gruessten uns vorm Hostel mit Budweiser und Hamburger. Wo hatten die das hier in dem Fischerdorf aufgetrieben. Ich glaub, die haben einfach irgendwo Instant Budweiser und -Hamburger in ihrem Gepaeck. Ich kaufte fuer den Rest von uns Gehacktes, rote Bohnen und Mais. Wonach klingt das? Richtig! Nach meinem Chili con Carne. Da ich mich beim Abschaetzen der benoetigten Mengen etwas verschaetzte, konnten wir spaeter das gesamte Hostel verpflegen. Und fuer das zweite Hostel der Insel blieb auch noch was. Sich die Abendsonne auf den Mollenfriedhof brennen lassend, sassen wir dann auf der Terrasse und quatschten ueber Dies und Das. War sogar richtig Weltpolitik mit dabei! Fuer den Abend entschieden wir uns fuer den einen Pub, nicht den anderen. Gut gewaehlt, denn da gabs Livemusik, weibliche Dorfjugend fuer die Jungs und angeheiterte Fussballer von der Nachbarinsel fuer die Maedels. Einige Pints später trafen Brian, Yin und ich uns draussen zum 3-Kontinente-Gipfel und debattierten ueber, na was wohl.... Laverne schleifte uns kurz spaeter wieder rein, denn sie hatte die Band ueberredet, etwas Céilímusik (traditioneller irischer Tanz, man denke bitte an Riverdance) zu spielen, so dass wir tanzen koennten. Brian und ich mussten auf einmal ganz dringend noch ein Bier von der Theke holen und Yin wurde von einer ortansaessigen Mitvierziegerin geschnappt, die mitgehoert hatte. Leider dauerte das Bier nicht so lange, aber immerhin wurde ich von Laverne geschnappt und so sprangen wir vergnuegt durch den Pub, anderen auf die Fuesse und wieder anderen auf die Nerven, bis mich ihr Freund abloeste. Yin wurde auch abgeloest. Von dem aus der anderen Kneipe hereintorkelnden Ehemann seiner Tanzpartnerin. Aber da wir ja einen Frauenueberschuss bei unseren Praktis verzeichnen konnten, wurde bis zur "Last Order" weitergesprungen. Sehr zum Unmut meiner Blase. Ein froehliches Liedchen pfeiffend (ob der Freude, wieder festen Boden unter den Fuessen zu haben), gings unter sternbeschnupptem Himmel (es war grad das Maximum der Perseiden) zurueck in Richtung Hostel. Am naechsten Morgen sahen die meisten nicht mehr so vergnuegt aus. Unsere Faehre ging um 8:30 und wir mussten rennen. Am Festland empfing uns dann ein Bus, der uns auf unsere heutige Tagestour durch Connemara mitnahm. Natuerlich nicht ohne nochmal nach Galway zu fahren, um eine Gruppe Italiener und eine missgelaunte Reiseleiterin einzuladen und um dann wieder zur Faehre zurueckzukehren, weil dort die Tour begann. Super, haetten wir auch die naechste Faehre nehmen koennen. Nicht voll besetzte Reisebusse sind herrlich zum Schlafen und jeder, dem das vergoennt war, musste sich nicht die miesepetrige Reiseleiterin anhoeren. Man, waer die doch bloss zu Hause geblieben. Nerv. Und keiner merkte, dass die Kassette, die schon zum dritten Mal durchlief, schon beim ersten Mal geleiert hatte. In der Kylemore Abtei (der heutigen Hauptattraktion) angekommen, verlangte sie auch noch vorher nicht angekuendigte 7€ Eintrittsgeld fuer die Abtei. Immerhin war der Garten des ehemaligen Schlosses (die Nonnen hatten 1901 gekauft. Womit?) sehr zum Picknick geeignet. Ich sprach einen komischen Typen mit stechendem Blick und einer deformierten Frucht (es haette eine Birne sein koennen) in der Hand nach der Herkunft ebendieser an und er entpuppte sich als neuer Forscher an der Uni Galway, an der Laverne und ihr Freund grad ihren Chemiedoktor machten. Und stellt euch vor, was dieser Typ forscht! Canabis! Er schraubt an Molekuelketten und -enden von THC rum und entschuldigte sich fuer sein verpeiltes Aussehen, denn was er grad getestet hatte, machte in seit 3 Tagen stoned. Ich haette nie gedacht, dass es dafuer aus oeffentlichen Toepfen Geld gibt. Danach gabs noch ne stinkreiche hundertjaehrige (ernsthaft!) Nonne in der Abtei zu sehen und zurueck gings nach Galway. Dort angekommen, rannte jeder zu seinem letztem Zug oder Bus und verabschiedete sich von Brian, der gestern zurueck nach Hause geflogen ist. So, das war's fuer heute.
Ich wuensch euch nach dieser Gute-Nacht-Geschichte noch eine ebensolche und hoffe, man schreibt sich bald wieder. Alles Gute und

carpe diem


Euer Stefan