Morz in Ireland

Aufgrund des vielfachen Interesses an meinen Reiseberichten (da freut er sich) hier ein nachträglich gebasteltes Weblog zum nochmal genau nachlesen. Viel Spaß dabei und hoffentlich sieht man sich bald mal wieder....

10 August 2006

Reisebericht aus Irland, Belfast und Dublin

Hallo Freunde,

ich bin's mal wieder. So lange, wie ich mich nicht gemeldet habe, habt ihr mich bestimmt schon vergessen. Na dann werd ich eure Erinnerung mal wieder auffrischen: Ich bin der etwas uebergewichtige Schwerenoeter aus der Nagel-Strasse, der Jans, Markus' und Gordons Geburtstag verschwitzt hat und in seiner Freizeit durch Irland tigert. Jetzt wieder erinnert? Freut mich! Gut, dann fang ich mal Mittwoch vor 2 Wochen an: Da gabs naemlich ne Dienstreise. Nach Stormont. Wie ich auf der Fahrt herausfand, ist Stormont das nordirische Parlament (liegt demzufolge in Belfast) und da es derzeit keine Politiker beherbergt, wird es fuer zeremonielle Zwecke genutzt. Der Anlass war das jaehrliche Treffen von IAESTE Nordirland, zu dem alle dortigen Praktikanten, Offizielle aus London, und, um den Begriff "Voelkerverstaendigung" unterstreichen zu koennen, Vertreter aus der Republik Irland eingeladen wurden. Neil und ich freuten uns ueber unsere Zimmer im Holiday Inn (ich probierte sofort die Hosenpresse, die Badewanne und die 26 Kanaele am Fernseher aus). Darueberhinaus gruebelte ich ueber dem passenden Hemd zu meinem silbernen Schlips, denn endlich hatte mein 1500km gereister Anzug eine Daseinsberechtigung. Nach einem kurzen Rundgang durch die Stadt holte uns ein Taxi ab und brachte uns, zusammen mit zwei sehr gebildet schwafelnden alten Damen aus London, nach, na klar, Stormont. Nach dem ausfuehrlichen Security Check wurde ich einigen wichtigen Persoenlichkeiten vorgestellt. Der General Secretary von IAESTE (Chefin vons Janze) zum Beispiel. Als sie aber Neil als erste Amtshandlung ihre Digitalkamera in die Hand drueckte, verstand ich, dass mit meinem Erscheinen alle meine Aufgaben fuer den heutigen Abend erledigt waren. Man feierte sich selbst und wir waren formelle Makulatur. Dafuer gabs ne kurze Fuehrung durchs Parlament. Neil schluckte kurz, als ihm gesagt wurde, dass er sich als einziger Ire im Raum ausgerechnet den Stuhl des Parteichefs der Unionisten rausgesucht hatte. Nach dem offiziellen Foto (auf dem ich nicht drauf bin, da ich mich festgequatscht hatte), gings ein Stockwerk hoeher, um vor der Eroeffnung der Buffets die obligatorischen Reden anzuhoeren. Ich quatschte unterdessen mit Eamonn. Wir fanden interessantere Gespraechsthemen als die jeweiligen Redner und fielen durch gelegentliches Gemurmel und Weinglasklimpern auf. Trotzdem schaute keiner boese. Im Gegenteil! Als ich vom Klo zurueckkam beglueckwuenschten mich gleich 3 Leute, dass ich Eamonn so gut unterhalte. Ich erfuhr, dass Eamonn frueher Wirtschaft in Dundalk lehrte (er war damit neben Neil (und mir) der dritte und letzte republikanische Ire des Abends)und leider zu wichtig, um ihn nicht einladen zu koennen. Dummerweise erschien Eamonn auch jedes Jahr wegen des leckeren Buffets und um auszuprobieren, wann er mit Sticheleien und sarkastischen Bemerkungen gegen die Briten aus dem Haus geschmissen wuerde. Mich stoerte das als Nichtbriten alles ueberhaupt nicht und wir machten uns ueber die Frisur der Chefin witzelnd ueber das Boeuf Stroganov her. Die nordirischen Praktikanten taten dasselbe, allerdings tauschten sie das Abendessen mit den kostenlosen Weinflaschen und taten sich guetlich. Nach der dritten Portion Apfelstrudel mit Vanilleeis verabschiedeten sich Neil und Eamonn und ich suchte mir den Reception Officer von Nordirland, um das kommende Wochenende (Ausflug nach Dublin) zu besprechen. Spaeter sammelten sich alle verbliebenen (Praktikanten) draussen, um den Bus zu nehmen. Die neu vereidigte (etwa) National Secretary von Nordirland hatte schon beunruhigende Schlagseite, aber Gregor (der R.O. von N.I.) versicherte mir, dass, Erfahrungen von der General Conference zu Rate ziehend, sie sicher noch 1 bis 2 Glaeser schaffen wuerde ohne umzufallen. Dem Rest der Praktikanten gings gut. Als wir in der Stadt ankamen einem nicht mehr. Er musste sich an einer Hauswand seines Geschnetztelten entledigen und dann schnellstmoeglich heim. Der Rest von uns (ich muss an dieser Stelle mal unterstreichen, dass die meisten Praktikanten durchaus gesittet und nicht heillos besoffen waren) ging gepflegt ein Bier trinken; war ja noch hell draussen. Die ausgewaehlte Kneipe lag zum Glueck gleich neben dem Hotel. Um Mitternacht verabschiedete ich mich dann, um die Groesse meines Bettes lang genug auszunutzen. Am naechsten Morgen wachte ich leider zu spaet auf, um noch den Pool nutzen zu koennen (zu dick aufgetragen?), und tat mich am Fruehstuecksbuffet guetlich. Als Neil und ich wieder im Zug nach Dublin sassen, waren wir uns einig: Dienstreisen dieser Art sind was Herrliches! In Dublin angekommen purzelte uns noch ein total verkaterter Gregor entgegen, der noch Reisepaesse in Dublin abholen musste.
Der Nachmittag verlief dann unspektakulaer (ausser ner echt schoenen Kneipe im Bahnhofsviertel am Abend); ebenso wie Freitag Vormittag. Am spaeten Nachmittag trudelten dann meine ersten Trainees ein und ich deklarierte die schoene Kneipe vom Vorabend zum Sammelpunkt, waehrend ich zwischen Bahnhoefen und dem Hostel hin und her flitzte, um Leute einzusammeln. Manche fanden es auch allein. Die einzige, die 3 Anrufe brauchte, um anzukommen, war unser Lokalkomitee aus Galway, Laverne. Als sie dann auch schliesslich da war, gings in eine Late Bar. Einziger Grund der Wahl: 4 Stockwerke und Lizenz bis 2.30Uhr. Die nordirischen Studenten machten dann auch das, was ich von meiner Zeit aus Slowenien von Praktikanten kannte: Party! Und was fuer eine! Nur meine Praktis waren (immer isoliert in ihren Staedten, verstreut ueber ganz Irland) ein bisschen aus der Uebung. Sauer war ich auf meine Mitbewohnerpraktikanten, die einfach zu Hause blieben und fernsahen. Unverzeilich! Samstag war dann Improvisation. Der Regen machte ein Strich durch meine Rechnung mit geplantem Brunch-Picknick zum Kennenlernen. Als ich Samstag frueh im Hostel ankam, war die unterschiedliche Attituede bezueglich Auslandspraktikum klar ersichtlich: Meine Praktis sassen in der Lobby, warteten auf ihren einzigen verkaterten Kommilitonen (mich) und die nordirischen Praktis schliefen. Gut, dann spontaner Stadtrundgang im Regen und SMS an Gregor, dass er sich was fuer seine Praktis ausdenken soll. Kurzer Halt im Nationalmuseum, wo gerade 2000 Jahre alte Moorleichen ausgestellt wurden, weiter zur Dublinia Ausstellung ueber mittelalterliches Dublin und in die Christ Church Cathedral. Man, hatten die ne Kondition. Da um die Ecke gabs dann Mittag/Abendbrot inna Kneipe und sogar Neil zeigte sich kurz seinen Praktikanten. Als (wahrscheinlich einziger irischer) Antialkoholiker folgte er uns dann nicht zur Guinness Brauerei und auch Laverne verabschiedete sich nach Hause. Dafuer tauchte unerwartet Ivana vor der Brauerei auf. Sie hatte mir eigentlich fuer das Wochenende abgesagt. Doch eine von einem Prager Kollegen(, den ich am Mittwoch in Belfast kennengelernt hatte) geschickte SMS ueberzeugte sie dann doch, das ganze Land von Sligo kommend zu durchqueren, um mit uns um die Haeuser zu ziehen. Die Guinness Brauerei ist streng genommen keine Brauerei, sondern Dublins groesstes und architektonisch sehr ansehnlich (Glas und Stahl formen ein sieben stoeckiges Pint) gestaltetes Museum. Zuerst lernt man, wer Arthur Guinness war (er mietete mit allem ihm zur Verfuegung stehenden Geld (100 Pounds) 1759 das Gelaende der heutigen Brauerei fuer 6000! Jahre von der Regierung, natuerlich mit freiem Trinkwasserzugang!), dann woraus jedes Bier besteht, wie es gezapft wird und wo es verkauft wird (groesster Umsatz ist nicht in Irland, sondern Suedafrika und vor allem Nigeria!). Zum Schluss freut sich jeder ueber sein Pint Guinness in der Gravity Bar hoch ueber und mit gutem Blick auf Dublin. Meine 20 Praktis mussten sich dann etwas beeilen, um rechtzeitig in Temple Bar fuer ein "Musical Pub Crawl" zu sein (Das konnten wir leider nicht mit 80 Leuten machen). Zwei Profimusiker fuehrten uns in verschiedene Kneipen und erzaehlten uns alles ueber traditionelle irische Musik. Natuerlich spielten sie auch welche. Ich hab richtig was gelernt. Und gelacht. Hinterher gings zum Perser, weil die Leute mal Doener Kebab probieren wollten. Letzte Amtshandlung des Tages war dann das Treffen mit den nordirischen Praktis in nem Klub. Doch nun zeigte sich, dass meine Praktis kaputtgespielt waren, denn eine nach der anderen verschwand klammheimlich nach Hause oder ins Hostel. Am naechsten Morgen war dann ein Hurlingmatch angesagt. Ich hatte mir die Woche zuvor ein Bein ausgerissen, um ein Spiel der irischsten aller Sportarten aufzutreiben (die erste Liga lag gerade in den Endspielen (leider nicht an ebendiesem Wochenende, da Billy Joel im Croke Park Stadium auftreten musste...), so dass nur lokale Klubs noch Spiele hatten) und am Sonntag Morgen stopfte ich nun alle Praktis, dem verdutzten Busfahrer zum Trotz, in einen Stadtbus und wir fuhren in die Vororte, besagtes Stadion (mit dem einfach auszusprechenden Namen "Pairc Naomh Uinsionn") zu finden. Und gefunden haben wir's. Nur war keiner da! Ich meine Spieler, Schiedsrichter, ein Ball, irgendwer ausser uns. Man war ich sauer. Steh ich da mit 80 Leuten aus aller Welt in der Prairie und nichts ist los. Und dabei hatte ich doch extra am Freitag noch im Klub angerufen und mir wurde versicherte, das Spiel finde natuerlich, wie in der Zeitung beschrieben, statt. Na super. Aber die Praktis sahen es nicht so tragisch und trollten sich ihrer Wege und erkundeten froehlich die Stadt. Ich tat Aehnliches und der Rest des Tages verlief gemuetlich mit gelegentlichen Sichtungen anderer Praktis (meist in Einkaufszentren und Cafes) und zahlreichen Verabschiedungen am Busbahnhof.
Und was die (letzte) Woche darauf passierte, hab ich grad vergessen. Ich mach mich jetzt auf jeden Fall auf, um die erste abreisende Praktikantin zu verabschieden. Allen, die es bis hierhin geschafft haben, wuensch ich noch ne schoene Zeit und ich schreib bald wieder (von letzter Woche). Versprochen! Macht's gut und bis bald.

Carpe diem


Euer Stefan