Morz in Ireland

Aufgrund des vielfachen Interesses an meinen Reiseberichten (da freut er sich) hier ein nachträglich gebasteltes Weblog zum nochmal genau nachlesen. Viel Spaß dabei und hoffentlich sieht man sich bald mal wieder....

29 August 2006

Reisebericht aus Irland, das Ende vom Lied

Hallo Freunde,

wie geht es euch? Ich bin total fertig! Fertig mit einpacken! Hat ja nur 4 Stunden gedauert. Rausgekommen sind ein Rucksack, der zu gross fuers Handgepaeck ist, nen Schlafsack und'n Koffer, der das Gewicht eines mittleren ausgewachsenen Pottwalbullen hat. Da muss ich wohl schicke Augen morgen frueh beim Einchecken machen, oder Geld rueber wachsen lassen. Da freu ich mich jetzt schon drauf. Aber erstmal versuch ich euch noch den Rest der Geschichte des Irlandreisenden zu erzaehlen.....

Simone kam Montag vor 2 Wochen kam als vorerst letzter Neuling der Dubliner Praktikantengemeinde an und fuer ein Maedel, das im Lebenslauf als Hobbies "Beauty" und "Aerobic" angegeben hatte, zeigte sie erstaunliche Gelassenheit, als ich ihr ihre neue Bleibe zeigte. Bei uns im Haus war kein Platz mehr und so kam sie ein anderes, leergezogenes Haus unserer Vermieterin. Dort war die Heizung abgestellt und der Putz blaettert von den Waenden. Aber inzwischen haben wir sie gluecklich in eine mexikanisch/brasilianische WG eingliedern koennen.
Letzten Freitag gabs ausserdem die zweite Abschiedsparty. Naja, Party ist relativ. Wir sassen zu dritt im Porterhouse (einer der wenigen Mikrobrauereien in Irland) und probierten uns lustig durch die Karte. Ich muss sagen, das Pils ist durchaus trinkbar. Danielle hielt sich eher an uns wohlbekannten Flaschen eines belgischen Herstellers mit einem rosa Elefanten als Etikett fest. Dementsprechend brauchten wir auch ein Taxi nach Hause. Am naechsten Morgen flitzte ich nach dem Aufstehen zu Europcar, um das Auto fuer den fuer heute geplanten Trip abzuholen. Das flitzen ging bis zur Bushaltestelle und schlug dann ploetzlich in endloses Warten um. Eine halbe Stunde spaeter hatte sich dann endlich einer der Busse der drei dort fahrenden Linien bequemt, vorbeizukommen und mich einzusacken. Ab dann wurde wieder geflitzt. Beim Anblick der langen Schlange, die aus dem Europcarbuero herauswuselte, wurde aus dem Flitzen wieder ein deprimierter Gang, nur kurz unterbrochen von einem kurzen Grinsen bei der Erinnerung, dass ich ja eine Reservierung hatte, kurz gefolgt von dem Realisieren von Reservierungen in den Haenden der anderen Wartenden. Nach den Verlust von einigen Nerven und Fingernaegeln war ich dann im voruebergehenden Besitz eines VW Polo und konnte die beiden, schon eine Stunde am Busbahnhof auf mich wartenden Maedels abholen. Die waren erstaunlich gut gelaunt und los gings in Richtung Kilkenny. Kurz nachdem wir die Autobahn (hihi) verlassen hatten, waren nur noch sanfte Huegel, saftige Wiesen mit Bullshit-Produzenten drauf und kleine Doerfer mit schicken alten Bruecken zu sehen. Nach einem Stopp an der Jerpoint Abbey, einer gotischen Klosterruine (sieht aus wie in "Vaya con Dios"), gings in die Stadt Kilkenny. Anstatt in das beruehmte Schloss zu gehen, setzten wir uns in den Garten, schleckten Eis und quatschten. Eine Stunde spaeter, versuchten wir noch herauszufinden, wohin sich das beruemte Art Festival verkruemelt hatte, aber konnten ausser einer Galerie mit durchaus interessanten Bildern nichts finden. Letzter Stopp vorm Abendessen war die Kathedrale von Kilkenny und ich muss sagen, fuer ein 800 Jahre altes Gebaeude ist es erstaunlich gross und gut erhalten. Nebenan steht ein Rundturm aus den 9.Jhd. der sogar noch so gut in Schuss ist, dass man ihn besteigen darf. Klasse Ausblick. Nach Panninis zum Abendbrot und dem obligatorischen Guinness gings zurueck nach Dublin.
Am Sonntag besuchten wir dann Dublins beruehmtesten Knast: Kilmainham Goal. Hier hat sich viel irische Geschichte abgespielt. Von dem Abtransport der Gefangenen nach Australien und damit dessen Besiedelung bis hin zur Exekution der Aufstaendischen von 1916, denen Irland die Republik verdankt. Den viktorianischen Teil des Gefaengnisses haben die meisten von uns auch schon in Filmen bewundern koennen (erinnert an Fort Boyard).
Nach der Fuehrung machte dann jeder seins und Montag und Dienstag ist nach jetziger Erinnerung auch nichts Spannendes passiert. Am Mittwoch kam Rebecca (eine Praktikantin aus Cork) nach Dublin und wir tranken Cafe zusammen. Danach wartete ich dann noch 3 Stunden auf Godot im Trinity College, doch erschienen ist er leider nicht. Freitag dann sass ich dann das erste Mal allein zu Hause. Tanya hatte Party mit ihren Arbeitskollegen und sie feierten ihren letzten Arbeitstag und meine anderen Mitbewohner begaben sich zu ihren Partnern oder aehnlichem. Gut, dachte ich mir, geh ich halt allein aus. Freitags sitzt man nicht rum! Und prompt traf ich Kasper (altes daenisches IAESTE Urgestein), der gerade den Abschied eines Mitdoktoranden feierte. Das gestaltete sich dann feuchtfroehlich und am Ende war jeder froh, ob der Erfindung der Sperrstunde. Nicht weil es so langweilig gewesen waere, sondern weil das Portemonnaie nicht noch ne weitere Stunde ueberlebt haette. Am Samstag war dann das "Festival of World Cultures" angesagt. Kasper sagte ab, da er um 15 Uhr noch versuchte, den Ausgang seines Zimmer zu finden. Alle anderen trafen sich am Busbahnhof und los gings in Richtung Dun Laoghaire (mein Lieblingswort im Gaelischen: Aussprache (deutsch) etwa "Dann Liri"). Dort war die Hoelle los. Hoelle im positiven Sinne, etwa wie der Karneval der Kulturen. Ueberall Konzerte, Maerkte auf denen der Sushimann das Chili vom Nachbarstand stibitzt, ein Haufen gut gelaunter, teilweise bunt angemalter Besucher und alles an einem schicken Seebad suedlich von Dublin. Nachdem wir uns durch die exotischen Essensstaende gefressen hatten (ich hatte baskisches Essen und weder ich noch die Bedienung war imstande, den Namen meines Gerichtes mit den vielen "x"en in der Mitte Auszusprechen. Wiebke, hast du inzwischen Uebung darin?), gabs'n klasse Konzert mit nem italienischen Saxophonisten und 10 Typen, die auf Weinfaessern(!) rumtrommelten. Zum Glueck hatten die beiden Deutschen (Aycan und ich) die gleichen Konzerte im Visier und alle anderen keinen Plan. Deswegen war das naechste Konzert "Shara": Ein Russe, ein Kroate und ein Ire, die virtuos alles von Django Reinhardt bis Polka spielten und alles "gypsy" nannten. Sogar 4-seitig! Beeindruckend! Ich such noch nach ner CD. Das letzte Konzert das Abends war eine Dubliner Klezmerband. Manche fanden's nervig, andere (wie ich) konnten die Beine nicht stillhalten und warteten ulkig huepfend an der Bar auf ihr Bier. Zurueck gings mit der letzten Bahn und weil immer noch keiner muede war, liessen wir den Abend dann in einem anderen Porterhouse ausklingen.
Sonntag gings dann, nach ausgiebigem Fruehstueck (unser Haus hatte quasi als Hostel gedient) in den Norden von Dublin: nach Malahide. Malahide besitzt einen grossen Park mit einem Schloss in der Mitte und eine lange Promenade. Ich sah mir ersteres von innen an (beeindruckende Wandschnitzereien, noch ein Kanditat fuer einen zukuenftigen Wohnsitz) und die anderen schluerften gemuetlich Kaffee an letzterer. Danach trafen wir uns zu nem Cider im oertlichen Pub, um uns das Halbfinale Mayo-Dublin anzuschauen, aus dem Mayo unerwartet nach einem Krimi als Sieger hervorging. Mayo trifft dann naechsten Sonntag im Finale auf Kerry, falls es jemanden interessiert.
Gestern war dann mein letzter Arbeitstag. Mittags sind wir zum Italiener essen gegangen, ich musste ein paar Worte sagen und habs so kurz wie moeglich gemacht. Natuerlich gab ich auch den perfekten Anlass, sich auch noch zum Kaffee und Torte in der Buerokueche zu treffen und ich bekam eine Karte und 2 Romane in Dublin Slang als Geschenk. Ich bin ja kein Typ fuer solche Anlaesse, obwohl sie sehr freundlich sind. Zu formell. Ich bedankte mich hoeflich und war spaeter froh, wieder in meinem Buero zu sein.
Abends gabs zu Hause noch die Flasche Wein, die ich als Trostpreis beim Golfspielen bekommen hatte (mein Mitbewohner Wesley konnte leider nicht mittrinken, da heute bei ihm in der Firma der Alkohol- und Drogentest anstand!) und wir halfen Tanya beim Packen. Heute morgen verabschiedeten wir uns von ihr und dann begann ich zu packen. Wie es scheint, hab ich dann bis hierher alles gepackt und verabschiede mich nun meinerseits aus dieser packenden Geschichte. Packt's, aeh, macht's gut und bis bald. Und jeder, der wissen will, wie die Geschichte weitergeht, muss mich wieder in persona von der Seite anlabern. Alles Gute wuenscht der Stefan und dass die Sonne immer scheint.



Slán,

Stefan